Unser Kunde, ein grosses Software-Unternehmen, investiert bis zu 150 Personentage in ein Angebot und erwartet daher eine sehr hohe Abschlussquote. Nach jedem verlorenen Auftrag besucht ein externer Berater den Kunden und befragt ihn zu den Absagegründen.
In einem Fall fragte der externe Berater den Kunden nach seinen Erfahrungen mit dem Verkaufsteam. Der Kunde antwortete ein wenig ausweichend mit: „wir hatten Bedenken wegen ihrer Geschäftsethik“. Als der Berater ein wenig nachbohrte stellte sich heraus, dass der Pre-Sales-Experte über die Geschäftsprozesse eines direkten Mitbewerbers gesprochen hatte, mit dem das Software-Unternehmen ebenfalls in Kontakt war. Der Pre-Sales-Experte wollte so sein Fachwissen demonstrieren. Kein Wunder, dass der Kunde Angst um seine Geschäftsgeheimnisse bekam und beschloss, lieber nicht mit dem Software-Unternehmen zusammen zu arbeiten.
Eine grosse Chance etwas zu lernen
Es war schmerzhaft den Auftrag zu verlieren. Aber es war enorm hilfreich zu erkennen, wie das Pre-Sales-Team arbeitet um zukünftig den Fehler nicht zu wiederholen. Tatsächlich ist jeder verlorene Auftrag für Ihr Unternehmen – und noch mehr für Ihre Verkäufer - eine Chance für Verbesserungen.
Eine Chance für mich zum Lernen
Ich verliere ungerne, aber ich glaube, dass ich die grössten Fortschritte in der Entwicklung meines Verkaufsprozesses durch Interviews mit dem Kunden gemacht habe. Vor kurzem habe ich eine wichtige Lektion gemacht. Wir haben uns um einen Auftrag bei einem Anbieter für Call-Center-Leistungen für weltweit durchzuführende Verkaufstrainings beworben. Das Unternehmen war bereits an einem Standort ein zufriedener Kunde und wir unterstützten ihn bei der Erarbeitung der Ausschreibungsunterlage. Alle wichtigen Entscheidungs-kriterien sollten ideal zu uns passen – aber wir haben den Auftrag nicht bekommen.
Nachdem ich meine Enttäuschung überwunden hatte, habe ich die Projekt-Leiterin beim Kunden kontaktiert. Der Hauptgrund dafür dass wir den Auftrag nicht bekommen hatten lag offenbar darin, dass wir als weniger global aktiv als unser Mitbewerber eingeschätzt wurden. Da war durchaus etwas dran, ich bohrte jedoch weiter. Wir hatten unserem Angebot Profile unseres Implementierungs-Teams in allen relevanten Märkten beigefügt, aber das war es dann auch. Ich fragte die Projektleiterin ob sie es gerne gesehen hätte, wenn wir unsere lokalen Berater in alle Märkte geschickt hätten um die regionalen Bedürfnisse besser kennenzulernen und ob das ihre Bedenken bzgl. unserer globalen Präsenz zerstreut hätte? Ja, sagte die Projektleiterin zu beiden Punkten.
Mit dieser Erkenntnis noch frisch im Gedächtnis wurden wir von einem weltweiten Telekommunikationsanbieter um ein Angebot in dessen B2B-Bereich angefragt. Diesmal stellte ich sicher, dass ein Team aus allen Teilen der Welt intensiv einbezogen wurde. Wir gewannen den Auftrag gegen einem wesentlich grösseren Mitbewerber. Ich habe aus der vorherigen Absage gelernt, unseren Verkaufsprozess verbessert und als Verkäufer einen Fortschritt gemacht.
Ein paar Erkenntnisse die allen nützen
1. Nehmen Sie die Gründe für verlorene Aufträge nie für bare Münze
Unsere Kundenbefragungen zeigen, dass gewaltige Unterschiede zwischen den Gründen, die Anbieter als Ursache für verlorene Aufträge sehen und den Gründen, die Kunden nennen, bestehen. Beispielsweise halten 74% der Anbieter den Preis für das wichtigste Thema, während nur 55% der Kunden den Preis als wichtigstes Auswahlkriterium klassifizierten. Nur 22% der Anbieter glauben gegen eine bessere Lösung zu verlieren, während das für 55% der Kunden der Grund ist. Und schlechte Angebote, schlechte Präsentationen und ein Mangel an Vertrauen rangieren bei Kunden zunehmend als Grund für zurück-gewiesene Angebote.
2. Nutzen Sie verlorene Aufträge immer zur Optimierung Ihres Verkaufsprozesses
Wie aus obigem Beispiel ersichtlich, können Sie aus jedem Auftragsverlust lernen und als Verkäufer wachsen. Sie können Ihren Verkaufsprozess optimieren wenn ein verlorener Auftrag hilft, eine Schwäche aufzudecken.
Durchführung von Interviews bei verlorenen Aufträgen
Einige Hinweise zur Durchführung:
1. Wählen Sie die richtige Person für die Durchführung der Interviews
Ich meine, dass der Verkäufer die richtige Person ist um das Interview durchzuführen. Es gibt sicher Situationen, in denen besser eine andere Person aus Ihrer Organisation das Interview durchführt, aber Sie könnten eine Gelegenheit versäumen, der Sache auf den Grund zu gehen und daraus zu lernen.
2. Wählen Sie die richtigen Interview-Partner
Vertreter der Business-Seite sind eher bereit als der Einkauf, Ihnen Einblicke zu gewähren.
3. Stellen Sie spezifische Fragen auf Basis Ihres Verkaufsprozesses
beispielsweise: mit welchen Worten würden Sie die Zusammenarbeit zwischen unserem Verkaufsteam mit Ihrem Team beschreiben
4. Erst die Fragen übermitteln, dann miteinander sprechen
Nur in einem persönlichen Gespräch oder in einem Telefonat haben Sie eine Chance, die detaillierten Antworten zu bekommen die Sie benötigen.
5. Weiter müssen Sie ein internes Review durchführen
Wahrscheinlich führen Sie ohnehin interne Reviews durch. Lassen Sie in diese Reviews Erkenntnisse aus Sicht der Kunden einfliessen und erhöhen Sie so den Nutzen dieser Reviews.
Das erworbene Wissen nutzen
Suchen Sie keine Entschuldigungen und machen Sie niemandem Vorwürfe. Suchen Sie nach Erkenntnissen die Ihnen zur Optimierung Ihres Verkaufsprozesses und Ihrer eigenen Leistung dienen. Wenn Personen ein anderes Verhalten benötigen (wie das Pre-Sales-Team weiter vorne im Text), dann müssen diese verstehen warum sie sich ändern müssen.
Letztlich geht es um Ihre Einstellung
Einige lernen nie. Sie betrachten einen verlorenen Auftrag als etwas, was nicht ihre Schuld war. Selbst-Reflexion ist nicht ihre Sache und sie glauben dass es nichts gibt, das sie anders machen könnten. Aber wenn man sich verbessern will, muss man seine eigene Leistung kontinuierlich beobachten und optimieren.
Ich hoffe, Sie verlieren nicht viele Aufträge. Aber wenn doch, betrachten Sie dies als Chance.
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